Joyce Holzhausen gewinnt ersten Schreibwettbewerb am PPRG

Die Siegerin Joyce Holzhause mit dem ersten Preis im diesjährigen Schreibwettbewerb des PPR-Gymnasiums
Eine Kurzgeschichte zum Thema „Corona-Pandemie“? Ist das nicht genauso langweilig wie die Zeit im Lockdown selbst? Von wegen! Joyce Holzhause aus der 8b bewies mit ihrer Geschichte „Doch nicht das Ende“, dass man auch eintönige, langweilige und sich ständig wiederholende Distanzunterricht-Tage in spannender Form darstellen kann. Sie setzte sich im ersten Kurzgeschichten-Schreibwettbewerb am PPR gegen insgesamt acht Wettkampfteilnehmerinnen und -teilnehmer durch. Joyces Geschichte „Doch nicht das Ende“ haben wir am Ende dieses Artikels veröffentlicht.
Frau Maser und Herr Singh, die als Deutschlehrkräfte der 8. Jahrgangsstufe die Jury bildeten, beeindruckte vor allem, wie es Joyce gelang, das Thema der Geschichte, in der es vor allem um die scheinbare Aussichtslosigkeit und Hoffnungslosigkeit während der Lockdown-Tage ging, auch sprachlich durch sehr einfache, nüchterne und fast schon unerträglich sachliche Sprache zu verdeutlichen. Daneben wurden natürlich auch alle formalen Merkmale einer Kurzgeschichte wie ein offener Beginn, ein alltägliches Thema, an dem sich aber auch etwas Besonders erkennen lässt, „normale“ Menschen als Hauptfiguren sowie ein offenes Ende, zu dem die Leserinnen und Leser aufgefordert werden, sich selbst Gedanken zu machen, eingehalten. Außerdem gefiel den beiden Jurymitgliedern, dass die Geschichte der Siegerin nicht bloß grau und eintönig endete, sondern auf zurückhaltende Art und Weise zum Ausdruck bringt, dass auch schwere Zeiten irgendwann einmal zu Ende gehen und es immer jemanden gibt, dem man vertrauen kann.
Auch die anderen eingereichten Geschichten fielen durch ihre Originalität und ihren Ideenreichtum auf. Platz 2 erlangte Jule Roth aus der 8a mit ihrer Geschichte „Annas Weg zum Glück“, das Siegerpodest komplettierten Lillian Julius und Sophie Ma mit ihrer Geschichte „Vergessenes Buch“ (die Geschichte ist unten im Download zu finden). Die drei ersten Plätze freuten sich über Büchergutscheine, die von der Fachschaft Deutsch gestiftet wurden. Der Wettbewerb wurde von Nina Maser und Ben Singh ins Leben gerufen, da sich beide Klassen zuvor intensiv mit den Merkmalen, dem Aufbau und dem Inhalt verschiedener Kurzgeschichten beschäftigt hatten. Damit auch die Kreativität der Achtklässlerinnen und Achtklässler nicht zu kurz kam, sollte die Möglichkeit geschaffen werden, in einem Wettbewerb die eigene Kreativität unter Beweis stellen zu können. Bewertet wurde neben den Merkmalen von Kurzgeschichten und der Vorgabe, dass die Geschichte im weitesten Sinne mit der aktuellen Corona-Pandemie zu tun haben sollte, natürlich vor allem die Originalität und Tiefe des Inhalts. Angesichts der ausgezeichneten Beiträge stehen die Chancen gut, dass der Wettbewerb auch in den kommenden Jahren durchgeführt wird.
TEXT: BEN SINGH
Doch nicht das Ende
Joyce Holzhausen
Ich wurde von meinem Wecker geweckt. Ich überlegte, welcher Wochentag es war, aber es fiel mir einfach nicht ein. Seit dem Lockdown fühlt sich jeder Tag gleich an. Ich tastete nach meinem Handy, um auf die Uhr zu sehen. Als ich es fand, sah ich, dass ich in 10 Minuten schon meine erste Videokonferenz hatte. Ich hatte das Gefühl immer kränker von diesem ganzen Corona Kram zu werden. Eigentlich sollte es mir damit gut gehen, aber ich war einfach am Ende meiner Kräfte angelangt. Den ganzen Tag sitzt man vor diesem Gerät und das einzig abwechslungsreiche im Leben wäre dann wohl das Einkaufengehen. Dabei war ich seit 6 Wochen nicht mehr weiter weg von zu Hause als einmal in dem Garten zu gehen. Ich sah auf mein Handy und bemerkte, dass die Konferenz in bereits 5 Minuten anfangen würde. Ich holte meine Schulsachen und ging in die Konferenz. Sobald der Lehrer ankam fing er wieder an zu reden. Seine träge Stimme drang in meine Ohren, aber eigentlich hörte ich schon gar nicht mehr zu. Meine Gedanken schwirrten durch meinen Kopf und ich spürte schon wieder diese endlose Leere, während ich mich wieder mal fragte, wann es endlich aufhören würde. Ich wusste, dass ich das Gefühl der Leere und diese tausenden von Stimmen bald nicht mehr aushalten würde. Ich dachte über den Tod nach. Würde alles besser werden oder alles nur noch schlimmer? Früher hatte ich Angst davor, aber heute empfand ich es besser als dieses Leben. Immer nur rumsitzen, Aufgaben erledigen, essen und schlafen. Ich weiß nicht, wann ich das letzte Mal Menschen gesehen habe, die nicht meine Eltern waren. Ich sah aus dem Fenster. Andere Menschen würden wohl die Sonne sehen oder die Vögel hören, doch für mich war es die pure Hölle. Ob es das wohl wirklich gab, die Hölle? Oder war es nur eine erfundene Geschichte der Menschheit. Wer weiß das schon? Wohl nur die Toten. Auf einmal drang die Stimme meines Lehrers wieder zu mir durch und ich kam zurück in die Realität. Aber nach diesem Gedankengang wusste ich, wenn sich nicht bald etwas ändern würde, würde ich nicht mehr viel Zeit zum Leben haben. Aber ich konnte meine Familie nicht einfach so enttäuschen. Ich saß in einer Zwickmühle und wusste nicht, wie ich wieder rauskommen konnte. Mein einziger Einfall dazu war, mich jemanden anzuvertrauen, aber wer würde mir wirklich zuhören und mich verstehen. Mir fiel wieder ein, als vor einem Jahr unsere Klassenlehrerin von einer Nummer erzählt hatte, wo man anrufen konnte und seinen Problemen freien Lauf lassen konnte. Dort wurde einem zugehört. Ich weiß viele finden das lustig oder irrsinnig, aber das ist die einzige Hilfe, die ich im Moment bekommen konnte. Trotzdem war ich immer noch unsicher. Würde es wirklich etwas ändern? Ich ignorierte, dass ich noch eine Konferenz hatte und bevor ich mir es noch anders überlegen würde suchte ich im Internet nach dieser Nummer. Sobald ich sie fand rief ich dort an. Die Frau ging sofort ans Telefon: „Hallo, Nummer gegen Kummer, du kannst mir von deinem Problemen erzählen und ich kann dir Tipps oder Ratschläge geben oder ich kann einfach nur zuhören, wenn du das willst.“ „Hallo?“, sagte ich, „ich brauche dringend Hilfe, ich weiß einfach nicht mehr weiter. Jeden Tag wird es schlimmer. Diese ganze Situation setzt mir einfach zu sehr zu. Ich weiß nicht einmal mehr welcher Tag heute ist. Montag, Dienstag, Mittwoch, Donnerstag, alles hört sich für mich gleich an. Mein Leben fliegt an mir vorbei wie ein Wirbelsturm und ich fühle mich innerlich so leer. Ich habe das Gefühl bald zusammen zu brechen und dann einfach tot zu sein. Diese Ungewissheit macht mich krank. Videokonferenzen sind mein persönliches Fegefeuer und Corona ist der Teufel höchstpersönlich. Wenn ich so weiterlebe dann weiß ich, dass ich dem Ganzen ein Ende setzen muss, aber das geht nicht, weil ich dann meine Familie verletze. Meine Gedanken fahren Karussell und ich höre meistens viel zu viele Stimmen auf einmal. Ich falle in ein tiefes Loch, das keinen Boden besitzt und wenn ich zu müde werde falle ich immer weiter nach unten. Ich habe keine Kräfte mehr dafür. Was soll ich nur machen? Ich brauche Hilfe und ich habe das Gefühl, dass mir niemand zuhört. Wenn ich nicht schnell etwas ändere, dann wird meine Beerdigung schneller stattfinden als ich denken kann und das darf einfach nicht passieren. Ich möchte niemanden verletzen, aber ich möchte dieses Leben auch nicht mehr haben, wenn es so weiter verlaufen wird.“ „Wow, also das war ja sehr viel auf einmal. Wie es scheint bist du in einer schlimmen depressiven Phase. Wie fühlst du dich jetzt, nachdem du das alles laut ausgesprochen hast?“ Ich überlegte kurz: „Ich weiß nicht. Mir war nicht wirklich bewusst, was ich alles empfinde. Ich habe das Gefühl, das erste Mal richtig verstanden zu haben, was los mit mir ist. Ich weiß nicht, ob das jetzt gut oder schlecht ist.“ „Ich denke du solltest mit deinen Eltern oder halt deinem Erziehungsberechtigten sprechen, wenn das okay für dich ist“, sagte die Dame am Telefon. „Ich denke das wäre die richtige Entscheidung, aber ich weiß einfach nicht wie“, erklärte ich, „danke, sie haben mir wirklich geholfen.“ Ich legte auf und legte mein Smartphone beiseite. Ich fing an meine Gedanken zu sammeln und zu sortieren. Ich suchte nach einem Anfang. Ich wusste, dass ich es meinen Eltern sagen musste, aber das war leichter gesagt als getan. Ich war noch nie so mutig gewesen, aber ich hatte keine Wahl. Wenn ich eines vom Leben gelernt hatte, dann dass man sich manchmal einfach zusammenreißen sollte und mutig sein sollte, egal wie feige man auch sein mag. Ich nahm allen meinen Mut zusammen und ging runter zu meinen Eltern. Langsam holte die Realität mich wieder ein und ich bekam Angst. Angst was meine Eltern von mir denken würden oder was sie sagen würden. Aber das war immerhin besser als alleine unter meinen Gefühlen und Gedanken zusammen zu brechen. „Mama, Papa ich muss mit euch reden“, sagte ich und atmete einmal tief ein und wieder aus. Ich spürte, wie meine Lungen sich mit frischer Luft füllten und wieder leerten. Meine Mutter guckte mich besorgt an: „Was ist denn los mein Schatz? Ist alles okay?“ „Ich…, ich brauche eure Hilfe, dringend!“