Der Gegenbesuch in Lille des diesjährigen Austausches Lille-Siegen vom 16.-20.09.2019
Vive la France et l´Allemagne! Deuxième partie
Es vergingen Monate nach dem Besuch unserer sechs französischen Austauschschüler und Austauschschülerinnen in Siegen, bis die deutsche Gruppe die Metropole des Nordens – Lille – und das mitten in der Altstadt befindliche Lycée Notre-Dame-de la Paix erkunden und die französische Kultur und eine Perspektive des Alltags erleben konnte. Die Teilnehmer waren auf beiden Seiten des Rheins sehr gespannt und freuten sich über den zweiten Teil des französisch-deutschen Abenteuers. Fünf Schülerinnen der aktuellen Klassen 10 und EF und ein Schüler aus der 10. Klasse machten sich mit der betreuenden Lehrerin Jeannette Debski auf die (Hin-) Reise: zuerst nach Köln, danach in die europäische Hauptstadt Brüssel, daraufhin mussten sie noch einmal umsteigen in Tournai (Belgien), bis sie- etwas erschöpft- aber umso gespannter und aufgeregter- endlich einen der beiden Hauptbahnhöfe Lille Flandres erreichten und sehr herzlich von den französischen Austauschpartnern empfangen wurden.
Es folgte ein kleiner Marsch durch die Innenstadt von Lille und ein sympathisch-köstlicher Empfang mit raffinierten, herzhaften und süßen Speisen, beaucoup de petits hors-d´œuvres et amuse-geules 😉 Freudige Erinnerungen an die erste Begegnung in Siegen kamen auf, als sich die französischen und deutschen Schülerinnen und Schüler zum ersten Mal sahen und sich nach und nach beschnuppern und kennenlernen konnten. Dieses Mal empfanden es beide Seiten vertrauter, jedoch genauso spannend in der Erwartung wie beim ersten Teil.
Am Tag der Ankunft erkundeten die deutschen Schülerinnen und Schüler das lycée und das collège, lösten ein Rätsel und machten sich mit der Anlage vertraut. Bereits am Anfang fielen einige Unterschiede zu unserer Schule auf, aber dazu später mehr. Als es Abend wurde, war es an der Zeit, die Familie des Gastgebers, der Gastgeberin kennenzulernen und sich auszuruhen, denn am nächsten Tag sollte das Programm des Austauschs starten.
Ausgeruht und voller Vorfreude begann der zweite Teil der deutsch-französischen Tandemarbeit, nämlich die Entdeckung bekannter Orte in Lille aus dem berühmten Film „Willkommen bei den Sch´tis/Bienvenue chez les Ch´tis“, welcher in der Innenstadt von Lille gedreht wurde. Dies stellte eine motivierende Vorbereitung auf die Arbeitsthemen in Tandemarbeit zu folgenden thematischen Schwerpunkten dar:
- Peter-Paul Rubens oder Pierre-Paul Rubens? Ein Ausflug in ausgewählte Kunstwerke Rubens’ und anderer Künstler aus der Barockepoche
- La vie du général Charles de Gaule
- Eckdaten deutsch-französischer Freundschaft (Appel du 18 juin, traité de l´Elysée)
Nach der Einführung in die Gruppenarbeitsthemen wurde eine Tour in die Altstadt gemacht, wo die Deutschen sich einen ersten Eindruck von den verträumten Gässchen und Lädchen machen konnten und wo sie den sakralen Raum der Kathedrale Notre-Dame-de la Treille auf sich wirken lassen konnten. Abschließend rundete ein gemütlicher Spaziergang durch den Park der Zitadelle von Lille den Tag ab. Die barocken Mauern mit dem Sonnensymbol Ludwigs XIV. wirkten imposant und wurden von seichten Gewässern und majestätischen Trauerweiden und Eichen geschmückt. Später am Nachmittag wurde die Gruppe erneut in die Innenstadt geführt und die Schülerinnen und Schüler konnten mit ihrem Austauschpartner oder in Kleingruppen die Läden auf eigene Faust erkunden, was ihnen sichtlich viel Freude bereitete. Am Mittwoch, dem dritten Tag, sollten die Schülerinnen und Schüler einen ganz besonderen Ausflug ins Geburtshaus von Charles de Gaulle unternehmen, einem der bedeutendsten Politiker Frankreichs des 20. Jahrhunderts. Durch die interessante Führung – in einem relativ verständlichen Französisch gehalten, mit vielen Nachfragen und Erklärungen versehen- konnten sie einen Einblick in die Lebensumstände der angesehenen de Gaulle Familie und in die frühe Kindheit Charles’ erhalten und einige seiner Charakterzüge nachvollziehen.
Wer ist denn dieser Mann aus der Bourgeoisie, der als Sohn einer angesehenen Familie- in Lille und eben nicht in Paris geboren wurde, der bei seinen strengen, gläubigen Großeltern aufgewachsen ist, im Alter von 16 Jahren an seinem Schreibtisch ein Kriegsgedicht verfasste, mit welchem er sich nichts sehnlicher wünschte, als auf dem Schlachtfeld für sein Vaterland Frankreich zu sterben? Diese und noch viele weitere Fragen stellten sich nicht nur die deutschen- sondern ebenfalls die französischen Austauschschüler, die das Geburtshaus zum ersten Mal besichtigt haben. Somit war es nicht nur ein spannender Ausflug in eine berühmte französische Biographie, sondern auch in diejenige eines der großen Gründerväter der Europäischen Union und eines unermüdlichen Vermittlers deutsch-französischer Freundschaft. Dieser Tag barg jedoch noch weitere kulturreiche Köstlichkeiten und kleine Abenteuer, wie z.B. eine sympathische, informative Altstadtführung, die von zwei französischen Kollegen (einem Lehrer der Mathematik und einem der Geschichtskollegen) erteilt wurde, einen Besuch in das riesige Museum Palais des Beaux-Arts, wo die Schülerinnen und Schüler einen inspirierenden Einblick in die Barockmalerei und speziell in die Malkunst Peter-Paul Rubens’ erhielten und im deutsch-französischen Tandem ein barockes Gemälde aussuchen (und für die nächste Arbeitsphase im lycée deuten sollten) und abschließend die Besteigung des 104 Meter hohen Beffroi, eines Wahrzeichens der Stadt und den Genuss der atemberaubenden Sicht über ganz Lille. Etwas erschöpft, jedoch genährt von facettenreichen Eindrücken und Einblicken, kehrten die Schülerinnen und Schüler erneut in ihre Gastfamilien zurück und bereiteten sich mental auf die Herausforderungen des Folgetages vor.
Am Donnerstag folgte nach erfolgreichen Präsentationen der auserkorenen Barockgemälden der Schülerinnen und Schüler im Palais des Beaux-Arts, eine Fahrradtour zum Abenteuerzentrum Koezio, welches ungefähr 12 km von der Altstadt entfernt ist und auf welches alle Teilnehmer und Teilnehmerinnen ungemein freuten. Dort angekommen bekamen die Schülerinnen und Schüler einen schwarzen Jumpsuit, mussten zur Stärkung der Teamfähigkeit Rätsel und bestimmte Aufgaben gemeinsam lösen und verschiedene körperliche Herausforderungen wie klettern, springen, sich entlanghangeln, kriechen, etc. als Gruppe bewältigen. Jede Teilnehmerin und jeder Teilnehmer hatte sichtlich Spaß, besonders an den verschiedenen Stationen, wo strategisches und logisches Denken in der Gruppe gefragt war. Den beiden Lehrkräften, Herr Guyomard und Frau Debski fiel nach diesem Tag besonders deutlich auf, dass nahezu alle Austauschschüler konstant miteinander kommunizierten, eine herzliche, harmonische Atmosphäre herrschte und zum Schluss die Herkunft nebensächlich erschien, denn alle vereinte ein ähnliches Ziel: schöne Erinnerungen gemeinsam zu sammeln und eine unvergessliche Zeit miteinander zu verbringen. Dies beinhaltete auch einen respektvollen Umgang untereinander und mit den Sitten und Gebräuchen der jeweiligen Familie, Kultur und Sprache. Es war nicht verwunderlich, dass in keinem Tandem Streit ausbrach oder es zu größeren Spannungen unter den Schülern kam. Am vorerst letzten gemeinsamen Abend trafen sich alle im Unterhaltungszentrum Lomme, wo die Schülerinnen und Schüler gegen- und miteinander Bowling gespielt haben und die viele frohen Stunden genossen.
Julia, 10.Klasse:
Ich fand den Austausch unvergesslich, da man dort viele neue Leute und deren Kultur kennengelernt hat. Außerdem waren die Gastfamilien sehr nett und interessiert, auch unsere Kultur kennenzulernen. Mir persönlich hat der Besuch im Palais des Beaux-Arts am besten gefallen, da ich die Gemälde dort beeindruckend fand.
Conrad, 10. Klasse:
Ich fand den Austausch sehr lehrreich, da man vieles über die französische Kultur gelernt hat. Außerdem hat es sehr viel Spaß gemacht, da ich mit meinen Freunden viel Zeit verbracht habe.
Lotta, 10. Klasse:
An dem Austausch in Lille fand ich den Unterschied zwischen den Kulturen auffällig und besonders zugleich. Außerdem hat das Koezio sehr viel Spaß gemacht und die Fahrt mit dem Fahrrad dorthin war auch sehr lustig.
Alissa, EF:
Ich fand am Austausch in Lille unvergesslich, dass wir eine tolle Gemeinschaft mit den Franzosen hatten. Des weiteren war es eine tolle Erfahrung, die französische Kultur und deren Unterschiede zu unserer Kultur näher kennenzulernen. Vor allem der Museumsbesuch im Palais des Beaux-Arts de Lille hat mir sehr zugesagt, da dort die Botschaften der Gemälde, die durch die neuen künstlerischen Methoden im Barock besonders gut zum Ausdruck kamen, mir zu gesagt haben.
Text: Jeannette Debski